Nachsorge nach geschlechtsanpassender Operation

Angepasster Text: Iris Schwarz
Basis Julia Buss „Entlassung aus dem Krankenhaus, was nun?“
nach Anleitung von Dr. Christiane Spehr (Privatklinik Bogenhausen – München)
mündlich bekannt gegebene Ergänzungen von Dr. Kurt Angel (Krankenanstalt Rudolfstiftung – Wien) wurden berücksichtigt

Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus sind einige wichtige Punkte zu beachten. Das Ergebnis der OP soll auch für die Zukunft erhalten bleiben. Bei 5 von 8 Operationen ist jedoch ein kleinerer Zweiteingriff erforderlich.

Nachsorge = Vorsorge

  • Parallel zur Kontrolle bei ihrem Chirurgen sollten Sie einen Termin mit Ihrer/Ihrem Gynäkologin/ Gynäkologen vereinbaren. Dies wird die Grundlage für die in Zukunft mindestens 1 x jährliche erforderliche Kontrolle sein.

Mögliche Komplikationen

  • Das Gewebe rund um das OP-Gebiet schillert in allerlei bunten Farben. Dies sind Hämatome, die normalerweise in kurzer Zeit verschwinden. In einzelnen Fällen kann dies auch etliche Wochen dauern.
  • Schwellungen sind auch eine normale Folge der OP und sind meist länger sichtbar als die Hämatome. Es kann bis zu sechs Wochen, in Einzelfällen auch länger dauern, bis die Schwellungen komplett abgeklungen sind.
  • Wenn jedoch die Schwellungen größer werden, speziell im Bereich der Nähte, eventuell noch in Kombination mit lokalen Schmerzen oder Rötungen oder Sekretabsonderung aus den Narben, dann ist schnellst die ärztliche Hilfe in ihrem betreuenden Krankenhaus in Anspruch zu nehmen.
  • Ein anderes Resultat der Schwellung ist, dass Sie nicht in der Lage sind mit einem geraden Strahl zu urinieren, sondern nach dem Gieskannenprinzip in viele Richtungen und auch auf Ihren Oberschenkel. Dies ist unangenehm aber nicht gefährlich. Wenn die Schwellungen zurückgehen, wird dieses Problem nicht mehr auftreten.
  • Das OP-Gebiet fühlt sich taub an. Durch die OP wurden Nerven verletzt oder durchtrennt. Dies vergeht meist, wenn die Nerven sich regenerieren. Dieser Prozess kann aber ohne weiteres bis zu einem Jahr dauern.
  • Als Nebeneffekt des Heilungsprozesses können „Elektroschocks“ im Bereich des OP-Gebietes auftreten. Diese Reaktionen entstehen durch die Regeneration der Nerven in diesem Bereich. Diese Reaktionen sind oft unangenehm, sollten aber innerhalb einiger Wochen verschwinden.
  • Auch die Thematik sogenannter Phantomschmerzen ist nicht unbekannt. Sie müssen Ihrem Körper die Zeit geben, sich auf die neuen Gegebenheiten einstellen.
  • Sollte eine Nekrose (Gewebeabstoßung) entstanden sein, so muss dieses abgestorbene Gewebe, von Zeit zu Zeit abgetragen werden. Erkennbar ist das tote Gewebe an seiner weißen Farbe. In Abstimmung mit ihrem Chirurgen sollten sie wie folgt vorgehen: Es ist eine Vagina-/Scheidenspülung mit verdünnter Betaisodona-Lösung durchzuführen. Anschließend sind die angestorbenen Bereiche mittels mehrschichtiger Gaze (Größe ca. 10 / 10 cm) und unverdünnter Betaisodona-Lösung vorsichtig auszutupfen. Die Farbe am Gazestreifen verändert sich in diesem Fall von braun auf weiß. Für die Spülung ist eine 150 ccm (cm³) Spritze  mit einem flexiblen Schlauch (vorne 2 Strahlöffnungen) zu verwenden. Die Hilfsmittel sind nach der Verwendung mit heißem Wasser auszuspülen. Übrigens verwenden sie medizinische 1 x Wegwerfhandschuhe.
  • Bei der Verwendung eines Stents, kann es zu Druckstellen kommen. Hier ist in gleicher Weise wie vorher beschrieben zu verfahren. Die Druckstelle unterscheidet sich von der Gewebeabstoßung durch einen scharfen Rand (Abgrenzung zum gesunden Gewebe) im Gegensatz zur Nekrose, die weiche Übergänge zum intakten Gewebe aufweist. Diese Komplikation tritt meist schon während Ihres Krankenhausaufenthaltes auf.
  • Eine weitere Komplikation, die auftreten kann, ist die Harnröhrenstenose (Verengung). Diese macht sich bemerkbar durch einen dünnen Strahl beim Urinieren. In diesem Fall suchen Sie ohne Umschweife die Urologische Ambulanz der Rudolfstiftung auf. Zunächst wird versucht, mit einem Katheter die Engstelle zu erweitern. Wenn dies nicht zum gewünschten Erfolg führt, so muss eventuell bei einer Nach-OP dies korrigiert werden.
  • Wenn sich bei der abschließenden UrofIow-Untersuchung im Krankenhaus herausgestellt hat, dass Ihre Urinmenge, die Sie abgelassen haben, zu gering ist (wesentlich kleiner als 300 ml), wohlgemerkt bei Harndrang, dann sollten Sie über drei bis vier Wochen immer mal wieder Ihr Blasenfassungsvermögen (Urinmenge) bestimmen. Wenn die Urinportionen nicht innerhalb dieses Zeitraumes auf ca. 300–400 ml ansteigen, sollte eine medikamentöse Behandlung erfolgen.

Hygienisch rein

  • Die Devise ist „nicht nur sauber, sondern rein, rein und nochmals rein“. Verfahren sie in dieser Art mindestens über einen Zeitraum von ca. vier Wochen. Eine gründliche Reinigung des gesamten OP-Gebietes von innen und außen, jedoch abwechselnd mit verdünnter Betaisodona-, Kamillen- und Kochsalzlösung gehört zu Ihren wichtigsten Aufgaben. Sie sollten in diesem Zeitraum auch mindestens einmal pro Tag eine Scheidenspülung (wie weiter vorn bereits beschrieben) durchführen.
  • Die Kamillenlösung setzen Sie nach Anleitung der Packungsbeilage an. Entsprechende Präparate gibt es in der Apotheke, z.B. Kamillosan.
  • Die Kochsalzlösung setzen sie wie folgt an:  2 Liter Wasser zum Kochen bringen, danach erfolgt die Beigabe von vier Esslöffel Kochsalz und dann lassen sie die Lösung abkühlen. Diese Mischung (wie Totes Meer) verwenden Sie dann wie gehabt, nach dem Toilettengang, zum Spülen und Reinigen Ihres gesamten Genitalbereiches. Die Reinigung erfolgt immer von vorne nach hinten. Also, von Scheide in Richtung Anus. Nicht umgekehrt, damit das OP-Gebiet nicht unnötig mit Bakterien kontaminiert wird. Nach diesen vier Wochen genügt es dann, wenn Sie nur noch einmal täglich spülen. Weiterhin ist die Reinigung jedoch nach jedem Wasserlassen, bis die Wundheilung abgeschlossen ist, erforderlich.

Nähte

  • Die Nähte bleiben zunächst dort, wo sie sind und lösen sich von selbst auf. Speziell bei der Naht an Ihrer Klitoris können Sie durch Sitzbäder, z.b. in Kamillenlösung, etwas nachhelfen, indem Sie die Fäden aufweichen und ein wenig daran ziehen. Sie werden sehen, nach kurzer Zeit haben Sie die Reste der Fäden zwischen Ihren Fingern bzw. in der Pinzette. Verwenden Sie bei Sitzbädern auf keinen Fall Seifen- oder Badezusätze!

Pflege

  • Eine weitere Maßnahme zur Nachsorge ist die Pflege der Narben. Dazu verwenden Sie die Madecassol-Salbe (ca. 2 Wochen Lieferzeit einkalkulieren, da Importware). Diese massieren Sie zwei mal täglich hauchdünn, dafür aber kräftig in alle Narben ein. Dies fördert die Heilung und sorgt so auch noch für eine Verbesserung des OP-Ergebnisses. Durch Ihre/Ihren Gynäkologin/ Gynäkologen lassen Sie sich östrogenhaltigen Salben, wie Ovestin oder Linoladiol für die abwechselnde Anwendung mit Madecasol im Inneren Ihrer Scheide verschreiben.

Im Falle der Verwendung eines Stents, weiterlesen bei „Stent“ – ansonsten bei „Zu guter Letzt“ >>>

Stent

  • Druck: ca. 18 ml bis 20 ml Überdruck nach Vorgabe ihres Chirurgen.
  • Stent einsetzten: Die Vorbereitung für den Stent ist die absolute Unterdruckform mit nur mehr einem Durchmesser von 2 cm. Als erstes ist der Stent mit der Hand so weit zusammenzudrücken bis möglichst die ganze Luft entfernt ist. Weiters ist mit der Spritze die Restluft abzusaugen (ca. nochmals 2 bis 3 die 20 ml mit Spritze absaugen. Dann ist der Stent im Stehen senkrecht nach oben einzuführen. Es ist dabei zu achten, dass der Stent hinter dem Bereich der inneren Schamlippen sein muss. Nach dem Einsetzten (im Unterdruckzustand) ist ein Normaldruck herzustellen (Kugelventil öffnen und anschließend schließen). Eine vorbereitete Gaze (ca. 10 / 20 cm) mit Loch als Schutz aufstecken. Achtgeben, dass der Gazestreifen nicht drückt. Miederhose anziehen, dabei ist mit einer Hand der Stent zu halten. Bei 0 Druck öffnen, Spritze aufsetzten und mit 20 ml Luft füllen und wieder entleeren. Dabei immer auf Kugelventil achten. Dann erst die vorgegebene Luftmenge von 18 bis 20 ml Luft einzuspritzen, der optimale Druck für Ihren Körper.
  • Stent herausnehmen: Der Stent ist mit einem Unterdruck von 20 ml zu entfernen. Nach Absaugen mit der Spritze kann der Stent leicht entfernt werden. Dabei ist das Kugelventil anschließend jedes Mal in dieser Stellung zu schließen. Die Spritze verbleibt am Druckrohr.
  • Tragen des Stents: Während des Tragens darf auf keinen Fall eine Sitzstellung eingenommen werden. Ansonsten wird der Stent zerstört. In den stentfreien Zeiten steht dem Sitzen natürlich nichts im Wege.
  • Tragezeit bei Vaginalaufbau ohne Spalthaut: mindesten 5 Stunden täglich über einen Zeitraum von 4 Wochen, danach ist der Stent 1 x pro Woche für ebenfalls 5 Stunden über einen Zeitraum von weiteren 8 Wochen zu verwenden
  • Tragezeit bei Vaginalaufbau mit Spalthaut: beginnend mit 24 Stunden täglich, danach nehmen Sie den Stent in den darauf folgenden zwei bis drei Tagen, jeweils eine Stunde pro Tag aus Ihrer Scheide heraus. In den darauf folgenden zwei bis drei Tagen, jeweils zwei Stunden pro Tag heraus usw. In diesem Rhythmus verfahren Sie bis Sie den Stent nur noch nachts tragen (Tragezeit 8 Stunden). Genau jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo Sie ihn wieder am Tage tragen müssen. Die Tragezeit alle drei Tage um wiederum eine Stunde reduzieren, bis Sie feststellend bei einer Stunde angekommen sind. Der Stent ist ab nun für eine Dauer von 4 Wochen nur mehr 1 Stunde pro Tag zu tragen. Dann sollte der Stent nur mehr jeden 2. Tag 1 Stunde genommen werden, dann jeden 3. Tag 1 Stunde, bis Sie auf 1 mal wöchentlich angelangt sind. Unabhängig davon ist jedoch mit einem Vibrator stark aufzudehnen.
  • Wenn sie bemerken, dass Schrumpfungen in Ihrer Neovagina auftreten, setzten sie sich mit ihrem Chirurgen in Verbindung. In diesem Falle wird wahrscheinlich die Tragezeit erhöht werden.
  • Toilettengang: Der Stent ist vor jedem Toilettengang zu entfernen, da er ansonsten herausfällt. Es wie beim Entfernen und Wiedereinsetzten vorzugehen.
  • Reinigung des Stents: Nur mit Wasser und Flüssigseife abwaschen. Auf das Durchspülen von beiden Seiten achten. Kugelventil muss geschlossen sein. Es darf kein Wasser dort eintreten.
  • Stent, Pflege im Körper: Es sind 20 ml Luft herauszuziehen. Dabei ist vorher das Kugelventil zu öffnen. Danach Sichern, indem Kugelventil geschlossen wird. Über den Reinigungsschlauch sind 5 ml Natriumlösung (Kochsalzlösung) einzuspritzen. Vor dem Einblasen der 20 ml Luft ist der Stent fest hineinzudrücken. Dieser Punkt kommt meist nur im Krankenhaus zur Anwendung
  • Scheidenspülung: 2x bis 3x täglich Scheidenspülung mit verdünnter Betaisodona Lösung (optisch wie Tee) oder später auch Kamillentee (nicht heiß) einspritzen. Pro Spülung 3 bis 4 Durchgänge. Dabei ist dies im Badezimmer (Badewanne oder Dusche) im Stehen durchzuführen.
  • Pflege mit Creme: Madecasol abwechselnd mit Ovestin oder Linoladiol Salbe. Östrogenhältige Salben erst nach Verheilung. Bei Verheilung der Neovagina ist diese Madecasol mittels eines Vibrators Ø 2,5 bis 3 cm (kein Dildo) einzumassieren.

Zu guter Letzt

  • Um Schrumpfungen zu vermeiden beschaffen Sie sich in jedem Fall einen Vibrator (keinen Dildo). Die Dehnung mittels Vibrator, genannt Bougieren, sollten sie anfangs mit Ø 3 cm, später Ø 3,5 cm oder Ø 4,0 cm vorsichtig beginnen. Bei auftretenden Blutungen sollten sie ein bis zwei Tage mit dem Bougieren aussetzten und dann einen kleineren Ø verwenden. Auch das Tragen des Stents einmal pro Woche nachts hilft, die Schrumpfungen hin anzuhalten. Eine Alternative stellt auch das biologische Dehnen dar. Dabei haben Sie einen Partner, der Ihnen regelmäßig und behutsam dabei behilflich ist.
  • Tragen sie auf den Vibrator dünn Madecassol-Salbe auf und massieren sie ihre Neovagina damit nicht zu zaghaft. Ihre Scheide soll damit aufgedehnt und vertieft werden. Sorgen Sie immer für gute Gleitfähigkeit auch wenn Sie keine Madecassol-Salbe mehr benutzen. Entsprechende Gels etc. gibt es dort wo Sie auch Ihren Vibrator kaufen. Sie können aber auch Babyöl dafür verwenden. Der Vibrator sollte die vorher erwähnten Ø 3 cm, Ø 3,5 cm oder Ø 4,0 cm mit einer Länge wie Ihre Vagina tief ist. Damit können Sie Ihre Scheide entsprechend aufdehnen und vertiefen. Verwenden Sie eine glatte Form, die vorne an der Spitze leicht abgerundet ist. Keine Penisform mit nachgebildeten Äderchen oder ähnlichem, das wäre für diesen Zweck unpassend und führt nur dazu, dass Sie sich unnötig wund scheuern.

Alltag

  • Grundsätzlich gilt die Regel: Belasten Sie Ihren Körper nur allmählich, lassen Sie sich Zeit mit der Gewöhnung an den Alltag. Ihr Körper wird es Ihnen danken. Wenn Sie sich müde fühlen, dann ruhen Sie eben für eine Weile. Gewaltakte nützen niemand, am wenigsten Ihnen selbst. Gönnen Sie Ihrem Körper auch weiterhin die Ruhe, die er für den Heilungsprozess benötigt.
  • Schweres Heben ist ebenfalls streng verboten Auch mit sportlichen Aktivitäten sollten Sie zunächst zurückhaltend sein. Nach ca. vier bis fünf Wochen können Sie langsam wieder mit joggen und ähnlichen Sport beginnen. Achten Sie aber auch dabei auf die Signale, die Ihr Organismus Ihnen gibt.
  • Die Missachtung dieser Warnungen kann Ihren Heilungsprozess erheblich stören und dazu führen, dass das OP-Ergebnis empfindlich beeinflusst wird. Das wäre weder in Ihrem Sinn, noch im Sinne des Chirurgen.
  • Sechs bis acht Wochen Rekonvaleszenzzeit sollten Sie sich wenn möglich gönnen, jedoch auf keinen Fall weniger als vier Wochen.
  • Nach einem Zeitraum von ca. einem halben Jahr kann, wenn erforderlich, die Korrektur-OP stattfinden.

Stand September 2004
Veröffentlichung mit Erlaubnis der Verfasserin

Elisabeth Vlasich

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